Die Taverne zum Goldenen Kreuz

Hausnummer 64 – A 28 – Marktplatz 29 – PlNr. 207

Das Gebäude an der Südfront des heutigen Marktplatzes steht auf historischem Boden zwischen den beiden Marktplätzen der Stadt. Der alte Marktplatz, die heutige Breite Straße, zählt zur Keimzelle der Siedlung Schwandorf.

Der öde und freie Platz zwischen dem Markt Schwandorf, heute Breite Straße, und der Veste Schwandorf, heute Pfarrkirche St. Jakob, entwickelte sich ab 1347 zum Marktplatz der Gemeinde. Um die damals schon konzipierte Dreiecksform des Platzes errichteten die Bürger nach und nach ihre Wohnhäuser. Etwa um 1380 war der wesentliche Teil bereits besiedelt und die Anwesen an der Breite Straße wendeten die Schmuckfassade ihrer Häuser dem neuen Platz zu.

Bauherr und Architekt des Hauses sind uns nicht bekannt. Ihr Werk sank während des Landshuter Erbfolgekrieges 1504 in Schutt und Asche. Noch im 16. Jahrhundert erstand auf den Ruinen die zweite Generation des Hauses. Und nochmals mußten rund 100 Jahre ins Land gehen ehe das Licht der Geschichte auf das Haus fällt.

In rascher Reihenfolge berichten nun die Kirchenbücher. Am 31.11.1664 erschien als Pate der Kreuzwirt Vitus Past, bereits am 8.7.1670 nennt sich Johann Leonhard Thurn "Kreuzwirt".

Am 16.8.1672 erschien Hans Dreer, Gastgeber zum goldenen Kreuz, als Zeuge einer Eheschließung. Der äußere Rat, Hans Dreer, zählte zu seiner Verwandtschaft die Bader von Schwandorf und den Bader von Regenstauf sowie einen dortiger Gastgeber. Ab 1693 wurde er als Bürgermeister bezeichnet und bliebt in diesem Amt, bis er 1703 zu Grabe getragen wurde. Fünf Kinder hatten er und seine Gattin Maria Margarethe groß gezogen. Zwei Söhne, Georg und Hans-Georg, waren im Haus geblieben und setzten die Gastwirts Tradition fort.

Wir können uns lebhaftes wirtschaftliches Treiben in dem Anwesen vorstellen. Lag doch vor der Haustür der Marktplatz mit Blick zum Rathaus und zur Pfarrkirche. Und an der Rückseite des Anwesens, in der Breite Straße, fanden noch bis ins 20. Jahrhundert regelmäßig Viehmärkte statt.

Dieser Handel führte zu Wohlstand und Ansehen. So konnten die Töchter in die vornehmen Familien Schreger, Strobl und Demleitner einheiraten. Aber der Handel brachte auch Beziehungen zu weit entfernten Geschäftspartnern. Auf diesen Weg können wir uns die Verbindung zur Familie Weinhart in Straubing vorstellen, deren Tochter Anna Maria hier einheiratete.

Georg erlernte das großväterliche Handwerk, Bader, und wurde als "Bader auf dem Markt" bezeichnet. Aus seiner Ehe waren 10 Kinder hervor gegangen, von denen nur vier das heiratsfähige Alter erreichten. Die vier Kinder und seine Witwe konnten in andere Häuser der Stadt einheiraten.

Der jüngere Bruder Hans-Georg erlernte das Tuchmacherhandwerk, wurde der Eigentümer des Anwesens und seit dem Tod des Vaters auch als Kreuzwirt bezeichnet. Aus seiner ersten Ehe mit Katharina Demleitner sind neun Kinder hervorgegangen, seine zweite Ehe mit Barbara Wagner, blieb kinderlos. Mit der zweiten Eheschließung der Witwe Barbara Dreer geb. Wagner verliert sich 1741 auch die Spur der Familie in diesem Haus.

Bei der Steuerbeschreibung von 1727 wurde das Anwesen beschrieben mit: Haus mit Taferne, dazu Stadl und Stall, Felder und Wiesen, ein Felsenkeller am Berg. Alles samt ein Steuerwert von 360 fl.

Als nächste Eigentümerin erscheint eine Frau von Fixl, deren genaue Besitzzeit sich nicht ermitteln läßt.

Am 4.7.1757 kaufte der Tuchmacher Christoph Pesserl den Gesamtbesitz. Dieser war sowohl in familiärer als auch aus kommunaler Sicht eine schillernde Persönlichkeit. Bereits 1768 wird er als Senator bezeichnet, ebenso als innerer Rat und später als Stadtcammerer. Von 1798 bis 1803 erscheint sein Name mehrfach als Bürgermeister und damit als Vertreter des Ettmannsdorfer Viertels im kommunalen Parlament. Christoph Pesserl schloß insgesamt viermal die Ehe. Zunächst mit der Nachbars- und Metzgerstochter Elisabeth Schreger, dann 1772 mit der Tuchmacherstochter Maria Eusebia Wiefling, 1782 mit der Lebzeltnerswitwe Maria Catharina Wagner geb. Dobmeier und schließlich 1789 mit der Witwe Elisabeth Arbeiter. Die ersten beiden Ehen waren mit insgesamt 13 Kindern gesegnet, von denen jedoch nur 7 den Windeln entwuchsen. Am 28.1.1816 verstarb er 80jährig.

Bild vor 1910

1810 wurde das Haus mit einem Wert von 1.200 fl angegeben und beschrieben als gemauertes Haus mit Stallung und gemauertem Stadel, dazu eine Tafernen-, eine Tuchmacher- und eine Metzgergerechtigkeit. Zum Haus gehörte ein Felsenkeller am Berg in der Stadt.

Die hinterlassene Witwe Elisabeth Pesserl und dazu das muntere Völkchen an Kinder und Enkeln wollten alle ihren Anteil am Nachlaß. So kam es bereits vier Monate später, am 18.5.1816, unter Federführung des Sohnes Christoph Pesserl, Kaufmann in Amberg, zur Veräußerung des Kreuzwirtshauses.

Dies nutzte der 20jährige Lilienwirtssohn Anton Ziegler und bezahlte dafür 2.530 fl. Elf Jahre später führte dieser seine Braut Barbara, die Tochter des Hirschenwirts (Marktplatz 24) Bartholomä Nast, zum Traualtar. Die Braut brachte eine gute Mitgift mit in die Ehe, so konnte das Paar noch im selben Jahr, 1827, vom Vater bzw. Schwiegervater das Lilienwirtshaus (Marktplatz 2) erwerben und die übrigen Geschwister auszahlen. Fast 20 Jahre lang führten die Ehegatten die beiden Tafernen. Nach dem Tode der Ehefrau verkaufte Anton das Lilienwirtshaus an seinen Bruder Kasimir.

Anläßlich der Eheschließung des Sohnes Karl wurde das Anwesen am 25.3.1865 in jüngere Hände übergeben. Karl heiratete zunächst die aus Vilshofen stammende Brauers und Wirtstochter Katharina Schön, deren Schwester bereits in Schwandorf mit dem Brauer und Metzger Josef Schmidt verheiratet war. Nach dem Tode von Katharina ging Karl am 24.2.1881 die zweite Ehe mit der 20 Jahre jüngeren Jungfrau und Rößlwirtstochter (Marktplatz 25) Magdalena Steiner ein.

Unter ihrer Regie modernisierten sie den Gasthofbetrieb, so daß 1899 bereits sieben Fremdenzimmer mit 18 Betten gemeldet werden konnten.

Karl nahm auch intensiv am öffentlichen Leben teil. So übte er von 1875 bis 1879 das Amt des Spitalverwalters aus. Von 1879 bis 1893 war er Bürgermeister der Stadt. Als solcher schloß er 1881 auch seine zweite Ehe und ist damit seit Einführung des Standesamts der erste und bislang einzige amtierende Bürgermeister der eine Ehe geschlossen hat. "Sein" Rathaus war damals das heutige Stadtmuseum in der Rathausstraße. Wichtige Ereignisse in seiner Amtszeit waren der Bau der Gerhardingerschule, die Vorbereitung zum Bau der Höflingerschule und der Beginn der Bauarbeiten zur Kanalisation in der Bahnhofstraße. Sein besonderer Verdienst ist der Einsatz für die Wallfahrt auf dem Kreuzberg. Er und seine Familie waren maßgeblich daran beteiligt, damit die Karmeliten 1889 hier einziehen konnten. Seine Witwe Magdalena stiftete der Kreuzbergkirche ein neues vierstimmiges Geläut. Es erklang erstmals am 6.11.1913. Die beiden mittleren Glocken überstanden die Kriegswirren und erklingen heute noch über Stadt und Land.

Karl ist 1909 und Magdalena 1935 verstorben. Ein besonders aufwendig gearbeitetes Grabdenkmal ziert die Ruhestätte der beiden im Friedhof an der Wackersdorfer Straße.

Zur Hochzeit des Sohnes Anton (aus erster Ehe) wurde das Anwesen am 30.4.1903 an ihn und die Schwiegertochter Anna geb. Wiesner, eine Gastwirtstochter aus Schmidmühlen übergeben. Gleich zu Beginn ihrer Besitzzeit war es ihnen möglich den Hofraum und Stadl des Nachbaranwesens, des Kronenwirtshauses (Marktplatz 30), zu erwerben. Zur Breite Straße hin verdoppelte sich damit ihr Besitz. Danach erfolgte der Umbau des Stadels zu einem Wohn- und Geschäftshaus. Ebenso bauten sie um 1910 auch das Gebäude am Marktplatz um. Dabei verzichteten sie auf eine Durchfahrt durchs Haus und vergrößerten so die Metzgerei. Das Geschäfts-Adressbuch von 1912 meldet zudem den Besitz einer Ziegelei. In den Wahlperioden von 1912 bis 1920 gehörte Anton auch dem Rat der Stadt an.

Bild um 1950

Am 24.6.1921 zog ein neues Geschlecht in die Räume. Der Landwirt aus Waltenhof, Josef Lautenschlager und seine Ehefrau Theresia geb. Kraus verwitwete Dobmeier kauften den Gesamtbesitz. Das Geschäfts-Adressbuch von 1921 bezeichnet Josef Lautenschlager als Gastwirt, Hotelbesitzer, Badebesitzer, Metzger und Viehhändler.

Bereits acht Jahre später erfolgte der nächste Besitzerwechsel. Ab dem 27.9.1929 konnte der Sohn Georg Lautenschlager das Anwesen sein Eigentum nennen. Das Einwohnerverzeichnis von 1930 belegt eine Veränderung in der Nutzung. Während die Gastwirtschaft mit Georg Lautenschlager bezeichnet wird, gehört das Hotel und die Metzgerei unverändert Josef Lautenschlager. Als Wohnungsmieter erscheint der Konditor Erhard Wildenauer.

Der Geschäftswandel dauerte weiter an. Das Einwohnerverzeichnis von 1955 nennt nun den Metzgermeister und Gasthausbesitzer zum goldenen Kreuz, Georg Lautenschlager, mit Eingang Breite Straße, die Färberei Josef Reil und den Tierarzt Dr. Dorrmann. Neben der Besitzerfamilie wohnten noch die Angestellten, Haushaltshilfen und Metzger im Haus. Zudem die Familien Hörl und Reil.

Anfang der 60ziger Jahre ereigneten sich zwei bemerkenswerte Geschehnisse. Am 20.10.1961 ging das Eigentum des Anwesens auf die Schmidt-Bräu Schwandorf Inhaber Dr. A. Ruhland OHG durch Kauf über. Die Nachfahren der Ziegler - Verwandtschaft wurden neue Besitzer. Und 1964 heirateten zwei Kreuzwirt-Kinder in der Kreuzbergkirche. Karl Ziegler und Mathilde Lautenschlager grüßten als Ehepaar.

Unter der Regie der Firma Schmidt-Bräu wurden die Metzgerei und Gastwirtschaft als Pachtbetriebe fortgeführt. 1977 mußte das Haus einem Neubau weichen. Die Fassade erstand nach den Plänen von 1910. In dem sonst von Grund auf neu errichteten Haus fand im Kellergeschoß die Diskothek Schickeria Platz. Im Erdgeschoß wechselten sich die Großhandelsbetriebe ALDI, PLUS und Quick-Schuh-Markt ab. Das Obergeschoß teilten sich ein Frauenarzt, ein Krankengymnast und eine weitere Gastronomie. Von 1977 bis 1992 war dies die Eisdiele de Pellegrin, danach wechselten sich die Pächter und Geschmacksrichtungen schnell ab – von der italienischen Pizzeria zum China - Restaurant über das Bistro zur Spielothek. Im Dachgeschoß befindet sich eine Wohnung.

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